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Die zwei Gesichter des Magnus Brunner: Der Finanzminister zwischen Budgetdisziplin und Gießkannenpolitik

Das Jahr 2022 bescherte Österreich eine Rekordinflation von 8,6%, das entspricht dem höchsten Wert seit dem Beginn der Währungsunion. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, wurden von der Regierung zahlreiche Maßnahmen auf den Weg gebracht. Doch ob diese auch tatsächlich gegen die Teuerung helfen, wird seit geraumer Zeit von einer zunehmenden Anzahl von Expert:innen in Frage gestellt. Es wird sogar davor gewarnt, dass die überschießenden Maßnahmen der Regierung den gegenteiligen Effekt einer inflationären Verschärfung entfalten könnten. Und selbst in den Reihen der Regierung regt sich Widerspruch: Finanzminister Magnus Brunner verweist in Interviews wiederholt auf die budgetären und wirtschaftlichen Risiken, die durch eine solch expansive Gießkannenpolitik befeuert werden. Dies wirft natürlich die Frage auf, warum sich der Herr Finanzminister dann nicht an sein eigenes Sparsamkeits-Credo hält und stattdessen weiterhin Milliarden an Steuergeld in der Bevölkerung verteilt, obwohl dies erwiesenermaßen kontraproduktiv ist.

Der inflationstreibende Effekt staatlicher Vollkaskomentalität 

Bisher wurden zur Bekämpfung der Teuerungskrise rund 27 Milliarden € aus der Staatskasse aufgewandt. Bei der schier unüberschaubaren Vielzahl von Einzelmaßnahmen kommt es zunehmend zu Überschneidungen und Doppelförderungen und selbst Entscheidungsträger:innen und Expert:innen verlieren allmählich den Überblick über dieses Maßnahmen-Potpourri.

In der politischen Auseinandersetzung sind sich die Fraktionen zwar weitgehend darüber einig, dass vor allem finanzschwachen Haushalten in dieser Krise unter die Arme gegriffen werden muss. Wenn einer Familie aufgrund gestiegener Heizkosten ein kalter Winter droht, oder gar die Delogierung ansteht, kann wohl keine politische Kraft ernsthaft gegen staatliche Unterstützungsleistungen auftreten. Doch ist mittlerweile bekannt, dass von den bisher knapp 27 Milliarden € an Hilfszahlungen rund 20 Milliarden nicht sozial treffsicher sind, sondern flächendeckend mit der Gießkanne ausgeschüttet werden und somit auch Bürger:innen zugutekommen, die durch die Teuerung keineswegs in eine existenzielle Notlage schlittern. In einer ohnehin bereits angespannten inflationären Situation zieht eine solch expansive Gießkannenpolitik zwangsläufig negative Folgen nach sich, weil ein beschränktes Angebot auf eine Nachfrage stößt, die durch Steuermittel künstlich hochgehalten wird. In einer Mangelsituation bedeutet dies, dass sich das Angebot weiter verringert und folgerichtig die Inflation damit weiter angetrieben wird. Diesen negativen Effekt von überschießenden Staatshilfen bestätigen auch die meisten Ökonomen.

Auch wenn ein Kaufkraftverlust schmerzt, kann es nicht die Aufgabe des Staates sein, jegliche Teuerung vollständig abzufangen. Die Vollkaskomentalität der Regierung löst das Problem nicht, sondern verschärft es weiter. Und obwohl sich der Finanzminister durchaus über diese Zusammenhänge im Klaren zu sein scheint, und in einem Interview auch explizit ausspricht, dass der Staat „nicht jede Krise dieser Welt zu 100 Prozent kompensieren [kann], das ist auch nicht seine Aufgabe“, wird trotzdem weiterhin aus allen Rohren mit Steuergeld gefeuert.

Staatsverschuldung als langfristiges Problem

Für das Budget 2023 wurde ein Defizit von 17 Milliarden € prognostiziert. Damit steigt der Schuldenstand Österreichs weiter auf voraussichtlich 367 Milliarden € - und das trotz inflationsbedingter Rekordeinnahmen des Staates. Budgetexpert:innen sind sich weitgehend einig, dass die nachhaltige Konsolidierung des Haushaltes eine der größten und gleichzeitig notwendigsten Herausforderungen der nächsten Jahre darstellt. Und wiederum teilt Finanzminister Brunner diese Einschätzung offenbar vollumfänglich, wenn er selbst sagt, dass es „unbedingt notwendig [ist], dass wir mittel- und langfristig wieder zu nachhaltigen Budgetpfaden zurückkehren.“ Dem entgegengesetzt hat die Bundesregierung jedoch eine Krisenbewältigungsstrategie  gewählt, in der sie offenbar jegliches Maß verloren hat, und sich in einen regelrechten Ausgabenrausch stürzt, in der sie der verhängnisvollen Fehleinschätzung anhängt, jedes Problem mit einem Steuergeld-Tsunami aus der Welt spülen zu können.

Diese lockere und zukunftsvergessene Ausgabementalität führt zwangsläufig dazu, dass die Schuld- und Zinslast Österreichs kontinuierlich zunimmt, und es damit immer schwerer wird, den Staatshaushalt zu refinanzieren. Im Jahr 2023 dürfte sich alleine die Finanzierungskosten für Zinsen auf über 8 Milliarden € belaufen. Zum Vergleich: Für den Bereich Wissenschaft und Forschung sieht das Budget im nächsten Jahr gerade einmal 5,9 Milliarden € vor. Die Regierung sollte also tunlichst darauf achten, dass es nicht erneut zu unverhältnismäßigen Überförderungen kommt, die den budgetären Spielraum für wichtige Zukunftsinvestitionen weiter einschränken. Der Finanzminister weiß das offensichtlich, sollte aber auch danach handeln.

Der Finanzminister im budgetpolitischem Zwiespalt

In den letzten Monaten hat sich die Janusköpfigkeit des Ministers leider zusehends verfestigt. Seine budgetpolitischen Entscheidungen entsprechen keineswegs seinen doch recht vernünftigen Einschätzungen, die er regelmäßig in seinen Interviews kundtut. Dabei stellt sich natürlich die Frage, was hinter dieser augenscheinlichen Diskrepanz steht. Dass sich die Regierung derzeit in einem desaströsen Umfragetief befindet, könnte wohl ein Grund dafür sein; dass der Finanzminister aber dadurch gezwungen ist, wider besserem Wissen und Gewissen seine eigenen Überzeugungen im Namen der Koalitionsräson in den Wind zu schießen, kann jedoch keine Entschuldigung sein.

Da sich die Regierung gegenüber aller Expertenmeinung als beratungsresistent erwiesen hat, und noch dazu die begründete Kritik der Opposition ignoriert, bleibt nur der Versuch, den Finanzminister an seine eigenen Aussagen zu erinnern: „Sich im Vorbeigehen eine Milliarde da und 100 Millionen dort abzuholen - das geht einfach nicht. Den Wert des Geldes und die Dimensionen richtig darzustellen, das ist mir echt ein Anliegen“. Und auf die Frage, ob ihn diese Haltung nicht unpopulär machen wird, entgegnet er selbstbewusst: „Nicht alles, was auf den ersten Blick populär klingt, ist auf den zweiten auch sinnvoll.“

In diesem Sinne bleibt zu hoffen, dass sich in der Regierung doch allmählich die Vernunft durchsetzt und der verschwenderischen Politik der Gießkanne damit endlich Einhalt geboten wird. Sollte dem nicht so sein, steht uns nach der rauschhaften Schuldenorgie der Regierung wohl bald ein schmerzlicher Konsolidierungskater bevor. Insofern ein Appel an den Finanzminister: Beharren Sie im nächsten Ministerrat auf Ihren Überzeugungen! Die Bürger:innen werden es Ihnen danken…

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